Textversion zum Video "Saisonbereinigung"

Herr Bauer arbeitet bei einem Arbeitgeberverband und verfasst zum ersten Mal einen Bericht über die Lage am Arbeitsmarkt. Dabei analysiert er die aktuellen Zahlen.

Die Arbeitslosigkeit ist zwar um 2,9% gegenüber dem Vormonat gestiegen, Herr Bauer fragt sich jedoch, ob das wirklich so negativ zu bewerten ist, denn: Daneben steht noch die Zahl der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit zur Verfügung. Diese ist jedoch im gleichen Zeitraum um 0,5% gesunken.

Er fragt sich, wie das möglich ist. Und was bedeutet eigentlich „saisonbereinigt“?

Wir erklären es Ihnen.

Schauen wir uns die Zeitreihe der Arbeitslosigkeit an. Wie man sehen kann, verläuft sie über die Jahre hinweg nach einem ähnlichen Muster. Im Winter steigt die Arbeitslosigkeit, weil witterungsbedingt beispielsweise auf dem Bau oder in der Landwirtschaft weniger gearbeitet wird. Zudem laufen befristete Arbeitsverträge häufig zum Ende des Jahres aus. Im Frühjahr belebt sich die Wirtschaft und die Arbeitslosigkeit geht wieder zurück.

Im Sommer gibt es ebenfalls einen kleinen Anstieg, weil auch der 30.6. ein Termin ist, an dem viele Arbeitsverhältnisse auslaufen. Außerdem melden sich junge Menschen nach dem Ende ihrer Schulzeit oder Berufsausbildung oftmals vorübergehend arbeitslos. Vor und während der Urlaubszeit halten sich die Betriebe erfahrungsgemäß mit Neueinstellungen zurück. Nach den Sommerferien beginnen junge Erwachsene dann die Ausbildung oder Beschäftigung. Auch für andere Arbeitsaufnahmen ist der September ein beliebter Starttermin. Daher geht die Arbeitslosigkeit im Herbst wieder zurück.

Diese regelmäßigen Saisonschwankungen treten unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung jedes Jahr in etwa gleich auf. Deshalb ist es schwierig zu erkennen, ob sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt konjunkturell tatsächlich verbessert oder verschlechtert hat.

Herr Bauer sowie viele andere Akteure in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft nutzen die Arbeitslosenzahl als Grundlage für ihre Entscheidungen. Eine Entwicklung, die lediglich durch jahreszeitliche Effekte verursacht wird, ist dabei in der Regel nicht relevant.

Daher bereinigt die Statistik der Bundesagentur für Arbeit die Arbeitslosenzahl um Saisoneinflüsse – das ist die sogenannte Saisonbereinigung. Dahinter steht eine komplexe Rechenmethode, die die Zeitreihe in einzelne Komponenten zerlegt.

Und wie berechnet sich die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl?

Die Ursprungsdaten werden zunächst in einzelne Komponenten zerlegt. Das sind der Trend, die irreguläre Komponente und die Saisonkomponente. Diese werden jeweils mit mathematischen Verfahren geschätzt.

Zuerst wird die Trendkomponente berechnet. Dabei geht es um die längerfristige Entwicklung über die letzten Jahre. Sie ist hauptsächlich von der konjunkturellen Entwicklung der Wirtschaft abhängig.

Anschließend werden die irreguläre Komponente und gleichzeitig die Saisonkomponente berechnet. Die irreguläre Komponente umfasst außergewöhnliche Ereignisse wie extreme Wettereinflüsse, beispielsweise ein Hochwasser und seine Folgen. Die Saisonkomponente umfasst, wie gerade beschrieben, regelmäßige, zur gleichen Jahreszeit in ähnlicher Intensität auftretende Einflüsse. Entsprechend sieht ihr Bild auch sehr regelmäßig aus.

Hat man diese drei Teilkomponenten ermittelt, wird im letzten Schritt die Zeitreihe der Arbeitslosigkeit um Saisoneinflüsse bereinigt. Für die Bereinigung wird ausgehend von den Ursprungswerten die Saisonkomponente herausgerechnet. Übrig bleibt die saisonbereinigte Kurve, die jetzt frei von jahreszeitlich wiederkehrenden Einflüssen ist. Sie enthält folglich noch den Trend und die irreguläre Komponente und sagt somit etwas über konjunkturelle Einflüsse und den Einfluss außergewöhnlicher Ereignisse auf den Arbeitsmarkt aus.

Zurück zu Herrn Bauer und zum scheinbaren Widerspruch zwischen den Ursprungszahlen und der saisonbereinigten Arbeitslosigkeit. Er hatte sich ja gefragt, warum die Arbeitslosigkeit um 2,9% gestiegen ist, während der saisonbereinigte Wert um 0,5% zurückging.

Wenn er beispielsweise im Januar auf die Arbeitslosenzahlen schaut, kann es durchaus vorkommen, dass die Arbeitslosigkeit steigt, die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl jedoch sinkt. Das kann z. B. sein, wenn die wirtschaftliche Lage gut ist, somit geht der Trend nach unten. Gibt es auch sonst keine unvorhergesehenen Ereignisse, lässt nur die übliche Winterarbeitslosigkeit die Zahlen steigen.

Wie kann Herr Bauer die saisonbereinigte Zahl am besten nutzen? Bei der Analyse der Arbeitslosigkeit fällt oft der erste Blick auf die Veränderung zum Vormonat. Wir wissen nun: Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung sollte er besser auf ihre saisonbereinigte Veränderung zurückgreifen.

Für seine weitere Arbeit stehen Herrn Bauer auch saisonbereinigte Zahlen für verschiedene Personengruppen der Arbeitslosen oder nach Bundesländern differenziert zur Verfügung. Ebenso für die Arbeitslosenquote, gemeldete Arbeitsstellen, sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und andere Arbeitsmarktgrößen.

Wenn Sie das nächste Mal von der saisonbereinigten Zahl hören, wissen Sie, dass sie frei von jahreszeitlichen Einflüssen ist und einen besseren Eindruck von der Entwicklung am Arbeitsmarkt gibt.