Berufliche Mobilität von Arbeitslosen bei Beschäftigungsaufnahme
Methodik der Messung beruflicher Mobilität
In der Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit liegen berufliche Informationen über den Ausbildungsberuf, den Herkunftsberuf, den Zielberuf und den Einmündungsberuf von Arbeitslosen vor. In der Kategorie Ausbildungsberuf wird der Beruf erfasst, für den Arbeitslose eine formale Berufsausbildung nachweisen können. Der Herkunftsberuf ist der Beruf, der unmittelbar vor Eintritt in die Arbeitslosigkeit ausgeübt wurde. Der Zielberuf ist der Beruf, den Arbeitslose vorrangig anstreben bzw. in den sie vermittelt werden möchten. Davon zu unterscheiden ist wiederum der Beruf, in den Arbeitslose bei der Beschäftigungsaufnahme tatsächlich einmünden und den sie dann ausüben (Einmündungsberuf). Berufliche Mobilitätsprozesse lassen sich über einen paarweisen Vergleich der Berufskennziffern von Ausbildungs-, Herkunfts-, Ziel- und Einmündungsberuf feststellen.
Es wird die berufliche Mobilität von Arbeitslosen bei der Beschäftigungsaufnahme durch einen Vergleich von Ziel- und Einmündungsberuf betrachtet. Die statistische Berichterstattung über die Arbeitslosigkeit nach Berufen beruht in den Standardauswertungen auf den Zielberufen der Arbeitslosen. Die Festlegung des Zielberufs erfolgt im Vermittlungs- und Beratungsgespräch in der Arbeitsagentur oder im Jobcenter und berücksichtigt die Qualifikation bzw. die Eignung, die Präferenzen und die Einmündungschancen von Arbeitslosen in dem ausgewählten Beruf. Dabei ist der Zielberuf keine feste persönliche Eigenschaft des Arbeitslosen, sondern eine Variable, die im Suchprozess auch verändert werden kann. Statistisch wird nur der erste Hauptberufswunsch als Zielberuf ausgewiesen. Der Vermittlungsprozess ist aber weiter ausgelegt und kann in die Arbeitsuche mit dem Zielberuf ähnliche Berufe und weitere Alternativberufe einbeziehen.
Die berufliche Mobilität von Arbeitslosen wird bei der Beschäftigungsaufnahme über eine kombinierte Auswertung von Arbeitslosen- und Beschäftigungsstatistik festgestellt (vgl. Übersicht). In der Arbeitslosenstatistik wird für den Arbeitslosen der Hauptberufswunsch als Zielberuf ermittelt, der im operativen Vermittlungssystem eingegeben wurde. Nehmen Arbeitslose eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf, kann dann zusätzlich der Einmündungsberuf recherchiert werden, der vom aufnehmenden Betrieb in der Beschäftigungsmeldung zur Sozialversicherung angegeben wird. Bei den Auswertungen werden nur Beschäftigungsaufnahmen berücksichtigt, für die Angaben zum Ziel- und zum Einmündungsberuf vorliegen. Über einen Vergleich der Berufskennziffern von Ziel- und Einmündungsberuf wird dann die berufliche Mobilität bei der Beschäftigungsaufnahme ermittelt. Stimmen Berufsfachlichkeit oder Anforderungsniveau von Ziel- und Einmündungsberuf nicht überein, wird von beruflicher Mobilität gesprochen. Die berufliche Mobilität kann unterschieden werden hinsichtlich der Berufsfachlichkeit in horizontale und hinsichtlich des Anforderungsniveaus in vertikale Mobilität. Der Anteil der Beschäftigungsaufnahmen, in denen Berufsfachlichkeit oder Anforderungsniveau von Ziel- und Einmündungsberuf nicht übereinstimmen, an allen Beschäftigungsaufnahmen von Arbeitslosen mit diesem Zielberuf wird als Mobilitätsquote definiert.
Die Auswertungen beschränken sich auf Deutschland und werden auf Jahresbasis ab 2017 veröffentlicht. Auswertungen zur Mobilität werden nur für Berufe vorgenommen, für die eine Mindestfallzahl von 50 Beschäftigungsaufnahmen erreicht wird. Eine Aktualisierung erfolgt jeweils im Juli, weil für die Auswertungen eine sechsmonatige Wartezeit in der Beschäftigungsstatistik abgewartet werden muss.
Aussagekraft und Interpretationshinweise
Mit dem Wechsel von Ziel- zu Einmündungsberuf wird nur ein, wenn auch wichtiger, Aspekt der beruflichen Mobilität von Arbeitslosen berücksichtigt. Außerhalb der Betrachtung bleiben die möglichen vorgelagerten Veränderungen zwischen Ausbildungs- und Zielberuf oder zwischen Herkunfts- und Zielberuf. Zudem suchen viele Arbeitslose zusätzlich nach Alternativberufen, so dass die Suche schon offen angelegt ist. Es ist auch zu betonen, dass die Ergebnisse zur beruflichen Mobilität von Arbeitslosen nicht gleichzusetzen sind mit der beruflichen Mobilität von Personen, die aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus oder nach einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit (ohne Arbeitslosmeldung) die berufliche Tätigkeit wechseln.
Mobilität wird in diesem Bericht über einen Vergleich von Berufskennziffern festgestellt. Damit hängt das Ausmaß der Mobilität entscheidend von der verwendeten Klassifikation und der herangezogenen Aggregationsebene ab. Mobilitätsergebnisse werden auf Basis der KldB 2010 für Berufsgruppen und Berufssegmente jeweils kombiniert mit dem Anforderungsniveau ausgewiesen.
Gleiche berufliche Tätigkeiten können unterschiedlich klassifiziert werden. Dies kann einmal an der Ausgestaltung der Klassifikation liegen, die es dem Verwender ermöglicht, eine berufliche Tätigkeit unterschiedlichen Positionen zuzuordnen. Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass die beruflichen Informationen in unterschiedlichen Erhebungsverfahren mit unterschiedlichen Verwendungszwecken erfasst werden. So ist die präzise Erfassung der Berufe in den operativen Systemen der Arbeitsagenturen und Jobcenter von großer Bedeutung für eine erfolgreiche Integration von Arbeitslosen, während die Angaben der Betriebe im Rahmen der Beschäftigungsmeldung an die Sozialversicherung keine Relevanz für deren wirtschaftlichen Erfolg haben.
Die hohen Mobilitätquoten deuten darauf hin, dass das berufliche Einsatzspektrum für Arbeitslose sehr breit und die Festlegung des Zielberufs entsprechend schwierig ist. Weil Berufe vielfältige Verwandtschaftsbeziehungen aufweisen, unterscheiden sich viele berufliche Tätigkeiten nur graduell und Wechsel zwischen diesen Berufen werden von den Betroffenen häufig nicht als berufliche Mobilität oder gar als Berufswechsel wahrgenommen. Die Mobilitätsquoten auf Basis des Berufskennziffernvergleichs können deshalb nur eingeschränkt als allgemeine Maßzahlen für die berufliche Mobilität von Arbeitslosen verwendet werden. Allerdings können mit dem Berufskennziffernvergleich die Übergänge zwischen Berufen transparent gemacht werden, um so zu einem besseren Verständnis der beruflichen Ausgleichsprozesse beizutragen.
Entsprechend enthält dieses Statistikprodukt Mobilitätsquoten für Berufsgruppen (kombiniert mit dem Anforderungsniveau) und Mobilitätsmatritzen für Berufssegmente (kombiniert mit dem Anforderungsniveau). Darüber hinaus werden für Berufsgruppen aus der Perspektive des Zielberufs Darstellungen mit den wichtigsten Einmündungsberufen bereitgestellt. Die Mobilitätsmatritzen zeigen aus der Vogelperspektive die Mobilitätsbeziehungen zwischen den Berufssegmenten, während aus der Perspektive der einzelnen Berufsgruppen des Zielberufs die jeweiligen Mobilitätsquoten und die wichtigsten Einmündungsberufe angegeben werden.
Wenn man die Arbeitsmarktlage in einzelnen Berufen beurteilen will, sollte auch die berufliche Mobilität berücksichtigt werden. Insbesondere berufsspezifische Arbeitslosenquoten und berufsspezifische Arbeitslosen-Stellen-Relationen als zentrale Arbeitsmarktindikatoren müssen auch im Lichte der Mobilitätsergebnisse gesehen werden. Hohe Mobilitätsquoten (sowohl aus der Perspektive des Ziel- als auch aus der Perspektive des Einmündungsberufs) deuten darauf hin, dass es viele berufliche Alternativen gibt und dass das freie Arbeitskräfteangebot für diese Berufe über die Zahl der Arbeitslosen mit solchen Zielberufen nur unzureichend abgebildet wird. Denn einerseits können Arbeitslose mit diesen Zielberufen in zahlreichen Alternativberufen eine Beschäftigung finden, wie andererseits Betriebe ihre Stellen mit Arbeitslosen besetzten können, die einen anderen Zielberuf angegeben haben.
Vergleiche hierzu den Methodenbericht der Statistik der BA „Berufliche Mobilität von Arbeitslosen bei der Beschäftigungsaufnahme“, Nürnberg, Februar 2019 (PDF, 789KB).